Gesammelte Prosa |
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Wer über Jahre die Arbeiten Friederike Mayröckers verfolgt, glaubt, gewisse Wiedererkennungsinseln zu sichten – die Kindheit in Deinzendorf in Niederösterreich, Vater und Mutter, bestimmte Auoren und Maler (Breton, Eluard, Jean Paul, Max Ernst, Dalí) –; aber bei genauerem Hinschauen erweisen sie sich als Bojen, die nur den Spielraum markieren, in dem sie sich bewegen [...]. Der »Spalt zwischen den Wörtern«, durch den »eine andere, geheimnisvolle, fremde Welt« hindurchleuchtet, treibt etwas hervor, das den Unterschied zwischen Schreiben und Lesen aufhebt. Der für Friederike Mayröcker wichtige Roland Barthes hat einemal bemerkt, dass beim Lesen die Gedanken ständig abgleiten und dass dadurch ein amorpher gegentext immer mitläuft, der das Geschriebene durchkreuzt. Diesen »mitgelesenen« Gegen- oder Zwischentext an die Textoberfläche zu ziehen scheint eines der Hauptverfahren des Mayröckerschen Schreibens überhaupt und von "Stilleben" im besonderen zu sein. Daher die Abwehr gegen alles Anekdotische, Narrative, ja gegen einen Erzählfluss überhaupt, weil das das Aufmerken auf die Wörter selbst, ihre gewissermassen autoverbale Energie vergessen liesse. Solche Energie stammt freilich nicht mehr (oder nur noch gelegentlich) aus den alten experimentellen Techniken, sondern kommt aus einer gewissermassen vegetativen Offenheit für Zwischenzustände. (Klaus Reichert)
Kategorie: Books Hersteller: Suhrkamp
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